Moderne Entwürfe für drei Baulücken

Moderne Entwürfe für drei Baulücken

Die Stiftung unterstützte Studierende beim Entwickeln urbaner Konzepte

Im Wintersemester 1998/99 entwickelten Architekturstudenten der Technischen Universität Dresden im Zuge eines Semesterentwurfes für drei ungewöhnliche Baulücken und einen städtebaulich unausgeformten Block urbane Konzepte und entwarfen konkrete Bauten. Herr Kirmes stellte den 16 Studentinnen und Studenten ein Werkstattgebäude in der Louisenstraße 62 als Entwurfsstudio zur Verfügung. Die Kosten für Heizung, Strom und Wasser übernahm die Stiftung. Das Ergebnis des gemeinsamen Arbeitens an komplexen Fragen der Stadtreparatur zeigte eine öffentliche Ausstellung im April 1999 in den Räumen der Stesad an der Königsbrücker Straße.

Lücken und Füllungen

Baulücken, flankiert von Brandwänden, stellen in dem Flächendenkmal so etwas wie offene Wunden dar. Auf jeden Fall werden sie im Straßenraum weniger als Räume denn als Lücken empfunden. Sie werfen Fragen auf, irritieren: War das einmal bebaut? Was fehlt? Welche Funktion hat der Zwischenraum? Wem dient er? Stören Lücken die harmonische Wirkung der klassisch-urbanen Räume? Oder lockern sie die Monotonie der Korridorstraße auf, schaffen willkommene Einblicke oder gar Eingänge in das Innenleben der Blöcke?

Meist ruft die Baulücke nach Bebauung. Und sie gibt dafür einen Rahmen vor, der wenig Spielraum für Gestaltung zu lassen scheint. Dennoch fordert sie geradezu heraus, innerhalb dieser Grenzen etwas Neues, Eigenständiges zu schaffen, was mitunter auf Kosten des nachbarschaftlichen Verbandes geht. So sollten am Beispiel der Baulücke zwei konträre Aspekte des architektonischen Entwerfens untersucht und in Beziehung gesetzt werden: einmal der Entwurf als Handwerk, als geduldiges Arbeiten in einer sinnvollen Tradition von fachlichen Erfahrungen und Errungenschaften, als Einordnen in die kollektiven Regeln der Nachbarschaft, nicht aus Anpassungsbedürfnis, sondern um des größeren Ganzen willen. Zum andern steht dem der Entwurf als Feld der Innovation, der Fantasie, der kritischen oder poetischen Interpretation städtischer Zustände gegenüber. Dabei ist Stadt nicht nur als bauliche Struktur aufzufassen, sondern als ein komplexes Gebilde aus wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen, die in der realen baulichen Situation ihren architektonischen Ausdruck erhalten. Ein tragfähiger Entwurf wird beides, die kollektive Erfahrung und Realität sowie die individuelle Erfindung, angemessen berücksichtigen. Welcher Aspekt jeweils stärkere Betonung erfahren sollte, war anhand konkreter Projekte für drei unterschiedliche Situationen zu prüfen. Die Randbedingungen der ausgewählten Standorte machten es erforderlich, Antworten zu finden, die über die einfachsten Methoden der Stadtreparatur hinausgehen.

Alaunstraße 29: Die Baulücke an der ältesten Straße der Neustadt liegt an einer Bruchstelle der städtebaulichen Entwicklung.

Sebnitzer Straße 23: Das neun Meter breite, jedoch 51 Meter tiefe Grundstück wird zur Straße hin beidseitig von Brandmauern mit einer Traufhöhe von 15 Metern eingerahmt.

Böhmische Straße 27: Die Lücke dient heute als Zugang und Feuerwehrzufahrt zum Nordbad; beidseitig schließt eine schlichte, fast klassizistische Bebauung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts an.

Prof. Thomas Will, Andreas Rieger